Es war Liebe auf den ersten Blick. Dieses Buch in der Buchhandlung Höllrigl, mit seinem unspektakulären, winterweißem Titelbild nahm mich von Anfang an gefangen. „Der Schnee, das Feuer, die Schuld und der Tod“, stand da, in unterschiedlichen Farben. Von braun über orange bis rot und weinrot. Der Autor Gerhard Jäger, mir unbekannt. Ich nehme es, schlage es auf und lese die Inhaltsangabe.
Sofort packt mich der Inhalt und ich will mehr. Mehr erfahren, über diesen Historiker Max Schreiber. Aber jetzt ist dafür noch nicht Zeit. Der profane Alltag verlangt seinen gewohnten Ablauf, meine Aufmerksamkeit. Ich bezahle und das Buch verschwindet in meiner Tasche. Nicht aber meine Gedanken. Sie sind nach wie vor fest in dieser Handlung verankert. Schaffen einfach nicht den Absprung. Warum nur? Ich weiß es nicht. Lasse es zu.
Fast widerwillig wird zu Hause alles Notwendige abgearbeitet, um endlich frei zu sein für dieses Buch. Denke nur daran: es zu öffnen und abzutauchen. Und dann ist es so weit. Ich schlage den Deckel auf und steige ein. Schon die ersten Worte nehmen mich mit, ich werde weggespült in eine andere Welt. Sehe alles vor mir, diese archaische Bergwelt, fühle die Einsamkeit, spüre das Misstrauen. Und erschrecke fast zu Tode, als mein Mann mich anstupst. Vorwurfsvoll blickt er mich an. „Hörst du mich nicht? Jetzt habe ich dir schon drei Mal gerufen, dass dein Telefon läutet!“
Kann ein Buch süchtig machen? Sicher nicht jedes, aber dieses kann es. Es hält mich fest und lässt mich einfach nicht mehr los. Wörter, diese wunderbare, bildgewaltige Sprache, liesen mich eine Welt erschaffen, in die ich immer wieder zurückkehren möchte. Noch ist nichts gelöst, ich sehne eine Erklärung herbei. Was ist passiert damals, in diesem Bergdorf. Wer ist dieser alte Mann und vor allem was ist seine Rolle?
Ich kann nicht mehr, die Müdigkeit übermannt mich. Buchstaben verschwimmen zur Unkenntlichkeit. Ich muss mich den Anforderungen der realen Welt ergeben, lege das Buch zur Seite. Ganz nah. Griffbereit zum nächsten Einsatz. Morgen ist wieder ein Tag. Ein Tag um einzutauchen in eine andere Welt.
STADT. LAND. GEWAND. Kolumen
Darf ich vorstellen: Stadt.Land.G’wand, meine Kolumne auf SOLO Steindl. Ich bin Stadt- und Landkind und beschäftige mich schon seit vielen Jahren mit Bekleidung. Gründe genug, eine Kolumne zu diesen Themen zu schreiben. Lassen Sie sich überraschen! Herzlichst Sabine Steindl..