Erobern kann man ja so einiges. Dabei geht es gar nicht so sehr um das Objekt der Eroberung, nein, auch die Art und Weise spielt eine nicht zu unterschätzende Rolle. Wenn also mein Mann wieder einmal mit der Frage „Magst einen kleinen Spaziergang mit mir machen“, aufwartet, so handelt es sich hierbei gleich um mehrere Komponenten, die genauer hinterfragt werden sollten.
Wenn es also um einen kleinen Spaziergang geht, dann habe ich, nach einigen Ehejahren gelernt, den Rucksack zu packen. Und zwar mit einer großen, gefüllten Trinkflasche, einer Jause und einem Ersatzgewand. Von den Bergschuhen ganz abgesehen. Mein lieber Mann, sonst mit Kameraden wie den Edelweißern oder anderen durchtrainierten Bergfexen unterwegs, hat nämlich andere Vorstellungen von spazieren gehen. „Was machst du eigentlich da, bei deinem wöchentlichen Turn-Kurs?“, fragte er neulich, bei einer Tour. Ich weiß nicht genau wie lange er auf mich gewartet hatte, es dürfte sich aber doch, um etwas länger gehandelt haben. „Also macht ihr da auch was für die Kondition?“ Sonst nie einer Antwort verlegen, war ich jetzt dann doch, aus mehreren Gründen, atemlos.
Das „mit mir spazieren gehen“ wendet sich also meist in ein „hinter mir hergehen“. Und dafür ist nicht nur die Kondition ausschlaggebend. Womit wir schon bei der gewählten Strecke wären. Nein, wir nehmen nie, also zumindest fast nie ausgewiesene, markierte Pfade. Hallo, da gibt es sicher spannendere, reizvollere, interessantere, direktere, schattigere, sonnigere, neuere Wege die nach oben führen. Erstbesteigungen eben. Dass wir dann in Dornenhecken, Latschenfeldern, oder gar vor unüberwindbaren Felsen landen, das gehört dazu. „Mei di paar Kratzer, die erinnern dich dann immer an diese Tour. Das darf nicht jeder erleben.“ Ja, mein privater Bergführer hat immer genug Atem für die richtige Antwort.
Eines muss ich meinem lieben Mann aber zugestehen. Wir kommen immer oben an. Haben viel gesehen, viel erlebt und ganz nebenbei durfte ich die Jagdprüfung erneut ablegen. Im Vorbeigehen sozusagen. Und dann sitzen wir ganz selig am Gipfel und schauen ins Tal hinab. Dieses wunderbare Gefühl des geschafft haben’s im Kopf. Jeder auf seine Weise und doch gemeinsam. „Bist du dir eigentlich bewusst“, fragt der Mann an meiner Seite, „dass ich jeden Berg nur für dich erobere.“
STADT.LAND.G’WAND. Kolumne
Darf ich vorstellen: Stadt.Land.G’wand, meine monatliche Kolumne auf SOLO Steindl. Ich bin Stadt- und Landkind und beschäftige mich schon seit vielen Jahren mit Bekleidung. Gründe genug, eine Kolumne zu diesen Themen zu schreiben. Lassen Sie sich überraschen! Herzlichst Sabine Steindl