Ganz schwindelig wird’s einem versucht man herauszufinden auf welchem Kirtag man heuer sein muss. Wobei das „muss“ natürlich relativ ist, denn müssen tut man nur – eh schon wissen. Nimmt man z. B. den Ausseer Kirtag (1.9. – 3.9.2018) in der schönen Steiermark und vergleicht ihn mit dem Münchner Oktoberfest (22.9. – 7.10. 2018) im benachbarten mittlerweile streng Grenz-beschützten Bayern, so zeigen sich viele Unterschiede. Schau ma mal:
Der Ort
Klein und fein findet der Altausseer Kirtag oder Kiritåg, wie man hier auch sagt, in Altaussee am Fischererfeld im steirischen Salzkammergut statt. Ein Festzelt gibt’s, mit Musik die nicht aus den Lautsprechern kommt. Platz findet jeder, der rechtzeitig kommt, denn reservieren kann man hier nicht, ganz egal wie man heißt und wer man ist. Groß und mächtig dagegen das Oktoberfest, die Wiesn auf münchnerisch, mit vierzehn Zelten, das mitten in München, genauer gesagt auf der Theresienwiese, stattfindet. Jedes Zelt hat seine G’schicht, seinen Wirt und damit seine Gäst’. Hier heißt es reservieren, um Platz zu finden auf der großen „Minga Wiesn“ (Münchner Oktoberfest).
Die Veranstalter
In Altaussee hat die Feuerwehr nicht nur das „Feuer löschen“ im Sinn auch das Durst löschen spielt eine gewinnbringende Rolle. Dann nämlich, wenn es um den Altausseer Kirtag geht. Beides gelingt – wie man hört – hervorragend. Im großen München hat die Stadt München das Sagen und zwar seit 1819. Durst löschen hier die Wirte.
Die Besucher
Ein bisserl „Ausland“ findet man auch hier in Altaussee, denn neben den Altausseern, Ausseern und Leuten von drumherum, trifft man auf Australier, Norweger und sogar der Kanadische Botschafter wurde schon gesichtet. Ja und dann wären da noch die Wiener, die hier ihre Sommer verbringen. Am Münchner Oktoberfest wird’s richtig international. Aus allen Zipfeln dieser Welt reisen die Gäste an, um Münchner Tradition zu schnuppern.
Das Gewand
Tracht ist angesagt und zwar hier wie dort. Die Altausseer wissen was Tracht ist und vor allem wie man sie trägt. Und die Besucher? Die lernen’s durch Beobachten. So wird erzählt, dass am Samstag, dem letzten Ferienwochenende der Wiener, das Festzelt fest in deren Hand ist. Unter genauer Beobachtung der Einheimischen, die sich im Freigelände tummeln. Am Montag kehrt sich der Spieß dann um und die Altausseer erobern ihr Bierzelt zurück. Dieses Mal unter Beobachtung der noch verbliebenen Wiener Gäste. So kommt’s, wie schon so oft in der Geschichte der Tracht, dass jeder von jedem lernt. Was man trägt und tut oder eben nicht trägt und nicht tut. Geschichten werden geschrieben – hier am Kirtag.
Im großen München herrscht deutsche Gründlichkeit. Die Online Seite „Trachtentrends am Münchner Oktoberfest“ zeigt den Besuchern was trachtenmäßig am Oktoberfest angesagt ist. Und trotzdem geht so manches, gut gemeintes Trachtenoutfit, gründlich schief. Geschmäcker sind halt verschieden. Nicht nur die Besucher kommen von weit her, auch das eine oder andere Trachteng’wand macht den weiten Umweg über Asien und tarnt sich hier als Original. Kleiner Tipp wie man’s erkennen könnte: der Preis verrät’s! Aber halt! Es werden auch wunderschöne Trachten am Münchner Oktoberfest getragen. Gar nicht satt sehen kann man sich an der Trachtenvielfalt, dem Brauchtum und Volkstanz der beim Trachten- und Schützenumzug durch München am ersten Wiesn-Sonntag (23.9. um 10:00 Uhr) gezeigt wird. Und auch so manches Münchner Original zeigt auf der Wiesn wie Tracht „geht“.
Kolumne
Sabine Steindl beschäftigt sich schon viele Jahre mit den Themen Mode und Tracht und schreibt als freie Mitarbeiterin eine Trachtenkolumne für die Servus Welt.