Buchtipp von Dr. Elisabeth Skardarasy
Die inzwischen 71-jährige Fran Lebowitz ist seit Jahrzehnten eine Kultfigur des amerikanischen Journalismus und eine New Yorker Ikone. Dafür verantwortlich sind neben ihrem markanten Erscheinungsbild – fast immer trägt sie ein Männersakko, ein weißes Hemd, Jeans, Cowboystiefel sowie eine Schildpattbrille – ihre berühmt-berüchtigten Essays und Gesellschaftsporträts. Ursprünglich von Andy Warhol als Kolumnistin für das Magazin Interview entdeckt, wird sie heute als Autorin und Stilikone verehrt und ist ein beliebter Talkshowgast. Über den großen Teich hinweg wurde sie einem größeren Publikum durch Martin Scorseses Netflix-Serie Pretend It’s a City bekannt, weshalb ihre Texte im Sammelband New York und der Rest der Welt nun endlich auch auf Deutsch erschienen sind.
Gesellschaftssatiren auf literarischem Höchstniveau
Gefeiert wurde und wird Fran Lebowitz vor allem für ihre besondere Beobachtungsgabe. In ihren gesammelten Texten, in deren Zentrum häufig die „Weltstadt“ New York und deren Gesellschaft steht, beschreibt sie „Manieren“, „Wissenschaft“, „Kunst“ und „Literatur“ des Großstadtlebens und liefert „Sozialstudien“ über „Leute“, „Dinge“, „Orte“ und „Ideen“. Dabei ist sie wahnsinnig komisch, satirisch bitterböse sowie tiefgründig weise und überzeugt gleichzeitig durch ihre geschliffene sprachliche Brillanz und ihren unglaublich intelligenten Witz. „Political Correctness“ spielt für sie – damals wie heute – keine große Rolle, was vermutlich auch ein Grund dafür ist, warum ihre Beobachtungen oft so treffsicher sind. Dabei scheint es kein Thema zu geben, an das sie sich nicht herantraut oder zu dem sie keine Meinung hat.
Nicht neu, aber dennoch am Puls der Zeit und topaktuell
Trotz ihrer scharfen Zunge und ihrer gnadenlosen satirischen Direktheit verliert Fran Lebowitz aber keineswegs an Sympathie. Während sie über gesellschaftliche Probleme und Fragen, wie etwa „Kinder: Pro und Contra“ oder „Schönes Wetter und seine Vorliebe für die besseren Viertel“, philosophiert, zeichnet sie ein Sittenbild unserer Zeit – und das obwohl manche der in diesem Band versammelten Texte bereits mehrere Jahrzehnte auf dem Buckel haben. Ihre Themen – Beziehungen, gesellschaftliches Benehmen, Selbstoptimierung, Körperkult, Erziehung, finanzielle Engpässe oder die Dominanz der Technik – haben schließlich nichts an ihrer Brisanz verloren, ganz im Gegenteil.
Über den Autor
Fran Lebowitz arbeitete u. a. als Taxifahrerin und Putzfrau, bevor Andy Warhol sie als Kolumnistin für sein legendäres Magazin Interview entdeckte. Später schrieb sie für Mademoiselle und Vanity Fair. Sie gilt als Stilikone, Verkörperung des New Yorker Witzes und als Expertin für das Leben an sich. Durch Martin Scorseses Netflix-Serie Tretend It’s a City wurde sie weltweit bekannt. Ihre Erzählbände Metropolitan Life und Social Studies waren Bestseller in den USA, in diesem Band erscheinen sie erstmals auf Deutsch
https://www.rowohlt.de/autor/fran-lebowitz-35025
Fran Lebowitz
New York und der Rest der Welt
Aus dem Englischen von Sabine Hedinger und Willi Winkler
Verlag: Rowohlt Berlin
352 Seiten
ISBN: 978-3-7371-0143-1
https://www.rowohlt.de/buch/fran-lebowitz-new-york-und-der-rest-der-welt-9783737101431