Im Maschenreich

Marianne Ferch hält die Fäden fest in der Hand. Und das wortwörtlich, denn in ihrer kleinen Manufaktur MIRABELL mitten in Salzburg erzeugt sie Jacken, Mäntel, Ponchos und Accessoires aus reiner Shetlandwolle. Mit viel Gespür und Engagement manövriert sie ihr kleines Maschenreich durch sonnige, aber auch stürmische Zeiten. 

Marianne Ferch

Schon lange ist die Unternehmerin auf unterschiedlichste Weise mit MIRABELL verbandelt. 1992 wurde sie von ihrer Tante in Amerika, die das 1953 gegründete Unternehmen gekauft hatte, gebeten, sich um diese wertvolle Manufaktur zu kümmern. Zwei Jahr später übernahm sie die Geschäftsführung. „Ganz ehrlich, ich wusste gar nicht, worauf ich mich da einlasse.“ Fest steht, es braucht viel Liebe und vor allem Verständnis für die Besonderheiten dieses Produkts. „Unsere Jacken sind ein Nischenprodukt. Weit weg vom Massenmarkt. MIRABELL ist MIRABELL, da bedarf es keiner großen Worte, das sieht man.“ 2007 kehrte sie dem Unternehmen kurzfristig den Rücken und revitalisierte einen Bauernhof im Mondseeerland. Pferde, Schafe, Hühner und natürlich die Landwirtschaft bestimmten nun ihren Alltag. 

Als 2012 der Anruf kam, ob sie bei der Manufaktur mal nach dem Rechten schauen könnte, zögerte sie vorerst, aber dieses Unternehmen hatte sich schon längst einen festen Platz in ihrem Herzen erobert. Die in der Zwischenzeit vorgenommenen Änderungen, die sich nicht mit ihrer Philosophie dieser einzigartigen Manufaktur deckten, machte sie schrittweise rückgängig und schlug den bewährten Weg wieder ein. Mit Erfolg, wie sich schon bald zeigte. Dass Marianne Ferch mittlerweile – genauer gesagt seit 2016 – die Eigentümerin von MIRABELL ist, liegt irgendwie auf der Hand. Trotzdem, als sie das Angebot zur kompletten Übernahme des Unternehmens bekam, hat sie lange darüber nachgedacht. „Am meisten habe ich damit gehadert, ob ich mir die Verantwortung für diese Manufaktur zutraue.“ 

• 

• 

Marianne Ferch und ihre Damenwelt

In ihrem Unternehmen geben die Damen den Ton an. „Wir sind hier lauter Damen. Viele von uns sind Mütter und deswegen haben wir beschlossen, von 6:00 Uhr morgens bis 14:00 Uhr am Nachmittag zu arbeiten. Danach gehört der Tag dann den Kindern, der Familie.“ Dass Marianne Ferch hier 13 Leuten eine Beschäftigung bieten kann, nein, keinen Job, dieses Wort mag sie nicht, darauf ist sie stolz. „Alle haben Freude an ihrer Arbeit, das bin ich mir sicher.“ 

• 

• 

Die MIRABELL Qualität

Abgesehen davon, dass die Flocke gereinigt und gewaschen aus Neuseeland kommt, werden alle weiteren Produktionsschritte in Österreich bzw. in Salzburg vorgenommen. Gefärbt wird genau nach Marianne Ferchs Vorstellungen. „Meist bekommen wir die Farben genau so hin, wie ich es mir vorgestellt habe.“ Nur manchmal machen ihr die Gesetze der Natur einen Strich durch den Faden, wie es so schön heißt. „Aber das ist auch kein Problem. Es ist ein Naturprodukt und das soll man auch sehen!“

• 

• 

Die in Tirol gesponnene Wolle wird auf Konen angeliefert und danach in Salzburg gestrickt und gewalkt. Viele Stunden benötigt man, bis eine MIRABELL Jacke fertig ist. Dabei werden etliche Schritte, z. B. das Annähen der Knöpfe per Hand erledigt. Insgesamt ca. 30 verschiedene Modelle in Form von Jacken, Capes, Mänteln stehen pro Saison zur Auswahl, und zwar sowohl für Damen als auch für Herren. Großen Anklang finden die Strickjacken auch im Jagdbereich. „Wenn mir die Kollegen aus der Modebranche oder meine Kunden Komplimente für meine Kollektion machen, dann tut das richtig gut. Das ist Teil meiner Motivation, die schönste Anerkennung, die ich mir für mich und mein Team vorstellen kann, denn reich – im materiellen Sinne – werde ich hier nicht.“ 

Die Zukunft von MIRABELL

Momentan kämpft Marianne Ferch mit der Unplanbarkeit. Wenn Messen nicht mehr stattfinden, muss sie sich neuen Vertriebswegen öffnen. Die Anzahl der Textil-Einzelhandelsgeschäfte nimmt immer mehr ab. Dafür entstehen neue Geschäftsmodelle, wie Concept-Stores. Für einen Online-Shop ist sie noch nicht bereit. Sie ist Produzentin, und zwar primär für den Einzelhandel. Deren Onlinehandel unterstützt sie gerne. Ihr großes Plus dabei: Sie kann jederzeit nachproduzieren. Ein ganz großer Wunsch steht noch auf ihrer Liste. Sie möchte in ein paar Jahren eine Nachfolgerin finden. Jemanden, der sich verliebt in dieses Maschenreich. 

ADVERTISING